Bundesanwalt Stefan Blättler lancierte die Idee für eine spezialisierte Jugendjustiz. Jetzt winken gewichtige Stellen ab, darunter der Bund.

Absage: Bund sieht keinen Bedarf bei Islamisten Teenagern.

Eine neue Generation von Dschihadisten in der Schweiz beschäftigt die Behörden. Experten sprechen von «Tiktok-Terroristen»: Minderjährige Islamisten, die sich innert weniger Monate online radikalisieren und zur Tat schreiten.

«In der Schweiz haben wir überdurchschnittlich viele Fälle von radikalisierten migrantischen Jugendlichen im Vergleich mit anderen europäischen Staaten», sagte Christian Dussey (59), Chef des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB), letzte Woche in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger».

Tatsächlich verhaftete die Polizei hierzulande allein in den letzten Monaten neun mutmassliche Teenager-Terroristen. Zwei minderjährige IS-Anhänger aus Schaffhausen zum Beispiel, die Sprengstoffanschläge auf Ziele in der Schweiz vorbereitet haben sollen. Im März stach ein 15-Jähriger Islamist in Zürich einen orthodoxen Juden nieder.

Das neue Phänomen bringt die Ermittler an den Anschlag. Im Gegensatz zu erwachsenen Dschihadisten ist bei Minderjährigen nicht die Bundesanwaltschaft zuständig, sondern die kantonalen Jugendanwaltschaften. Dort fehlt für die komplizierten Terrorverfahren oft das nötige Wissen.

«Das ist ein Handicap», warnte Bundesanwalt Stefan Blättler (65) an einer Medienkonferenz. Und lancierte einen Vorschlag: Man müsse sich fragen, ob die Jugendanwaltschaften die richtige Behörde sind «oder ob wir gegebenenfalls spezielle Jugendanwaltschaften brauchen» – allenfalls gar auf Stufe Bund.

Gegenüber Blick doppelt die Bundesanwaltschaft (BA) nach. Auf Nachfrage schreibt sie von einer «Herausforderung», dass nicht sämtliches Know-how an einem Ort gebündelt werde. Daher sei es allenfalls sinnvoll, «wenn alle Fälle in diesem Bereich von nur einer oder mindestens wenigen spezialisierten Stellen bearbeitet werden».