Steigende Zahl der Asylgesuche und gleichzeitig Sparpolitik des Bundes: Claudia Kratochvil warnt vor einem Kollaps des Schweizer Asylsystems.

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Das Schweizer Asylsystem steht vor einem Kollaps, warnt der Gemeindeverband. Der Bund schliesst Asylzentren, obwohl Gemeinden überlastet sind. Unterbringung und Fachkräftemangel sind grosse Herausforderungen für die Gemeinden.

Das Schweizer Asylsystem steht noch immer vor grossen Problemen. Im Interview mit der «NZZ am Sonntag» warnt Claudia Kratochvil, die Präsidentin des Schweizerischen Gemeindeverbands, nun gar vor einem Kollaps, sollte es so weitergehen. So gab es in der Schweiz 2024 gesamthaft 45’000 Asylgesuche – deutlich mehr als 2015, als man auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 40’000 Gesuche erhalten hatte.

Entsprechend nehme gemäss einer aktuellen Befragung fast jede dritte Gemeinde die Betreuung von Asylsuchenden als eines ihrer Hauptprobleme wahr. Eine der grössten Herausforderungen sei die Unterbringung: Der Einsatz unterirdischer Zivilschutzanlagen sei inzwischen gängige Praxis statt Ausnahme. «Von den Gemeinden angemietete Wohnungen sind oft nur eine temporäre Lösung, man muss ständig weitersuchen», so Kratochvil. Auch herrsche ein Fachkräftemangel vor und es sei äusserst schwierig, qualifiziertes Personal für die Betreuung der Flüchtlinge zu finden.

Wenig Verständnis hat Kratochvil dementsprechend dafür, dass der Bund neun temporäre Bundesasylzentren schliesst. «Obwohl die Bundesasylzentren schon im ganzen letzten Jahr nur zu 50 Prozent ausgelastet waren, überweist der Bund weiterhin Menschen an die Kantone und Gemeinden, die ohnehin schon überlastet sind», sagt sie zur «NZZ am Sonntag».

Die Verbandspräsidentin zeigt sich zudem kritisch gegenüber der Sparpolitik des Bundesrats. Ihrer Ansicht nach ist die geplante Reduktion der Integrationspauschale um jährlich 500 Millionen Franken nicht umsetzbar und würde gravierende Folgen für die Finanzplanung von Gemeinden und Kantonen haben.

Problematisch sei auch der Berg an Pendenzen, der sich bei den Gemeinden angehäuft habe. 22’000 unerledigte Asylgesuche hätten zur Folge, dass viele Flüchtlinge in einer «Warteschlaufe» leben müssen und Plätze blockieren, die dringend gebraucht würden.