Der Stopp der Dublin-Überstellungen in Italien und die Grenzkontrollen an der deutschen Grenze wirken sich auf die Schweiz aus. Der politische Druck wächst.

Die anhaltende Afrikanisierung Europas ist die grösste Bedrohung der Gegenwart

Am Badischen Bahnhof hindern deutsche Polizisten Tausende Migranten am Grenzübergang und schicken sie zurück in die Schweiz. Das Abkommen, das dies ermöglicht, gerät nun unter Druck.

Deutschland hat seit dem terroristischen Messerangriff in Solingen seine ohnehin verschärften Grenzkontrollen weiter angezogen. Die Bundesregierung kündigte sofortige Zurückweisungen an der Grenze im grossen Stil an: Zehntausende Migranten sollten erst gar nicht zur Überprüfung ihres Asylstatus ins Land gelassen werden.

Die verschärfte Migrationspraxis wird heftig debattiert – und ist auch in der Schweiz spürbar, wie die «NZZ am Sonntag» schreibt. Dank eines Abkommens aus dem Jahre 1961 dürfen deutsche Polizisten sich frei zwischen dem Basler Hauptbahnhof und dem Badischen Bahnhof bewegen. Der Schweiz sichert das Abkommen zwar ein Gegenrecht zu – weil ein Grossteil der Migranten von Süden her kommen, liegt der Vorteil des Abkommens derzeit jedoch auf deutscher Seite.

Gemäss Zahlen der Bundespolizeidirektion Stuttgart wurden seit vergangenen Herbst pro Monat im Schnitt 1’200 Personen in die Schweiz zurückgewiesen. Ein Grossteil davon machten die Kontrollen am Badischen Bahnhof in Basel aus, wie aus Polizeikreisen zu hören sei. Stellen die deutschen Bundespolizisten bei dort aufgegriffenen Migrantinnen fest, dass diese keine Chance auf Asyl in Deutschland haben, werden sie den Schweizer Grenzbeamten übergeben.

Äussern diese Personen danach einen Asylwunsch, kommen sie in ein Schweizer Bundesasylzentrum. Wie hoch die Anzahl der von Deutschland zurückgewiesenen Personen ist, die danach im Schweizer Asylsystem landen, werde nicht erfasst, wie das Staatssekretariat für Migration gegenüber der «NZZ am Sonntag» sagt.

Dass in Basel so viele Personen von deutschen Polizisten zurückgewiesen würden, sorgt hierzulande für Kritik. Thomas Kessler, der mehrere Jahre lang Integrationsbeauftragter des Kantons Basel-Stadt war, sagt gegenüber der NZZ am Sonntag: «Die Schweiz droht auf Migranten sitzen zu bleiben, weil sie das Migrationsrecht selber buchstabengetreu umsetzt, sich die grossen Nachbarn aber je länger, je mehr darum foutieren.»

Auch FDP-Ständerätin Petra Gössi fordert, dass dem Treiben der Deutschen ein Riegel geschoben wird. Asylminister Beat Jans müsse das Gespräch mit Berlin suchen – und dabei auch Härte zeigen, sagt sie. Zwar müsse nicht gleich das ganze Abkommen gekündigt werden, denn dieses umfasse auch den Umgang mit Grenzgängern und Waren. Aber: «In den aktuellen Zeiten darf es nicht sein, dass Deutschland sein verschärftes Grenzregime weit in unser Land hinein ausübt, ohne dass wir unsererseits die Asylpolitik anpassen.»

SVP-Asylchef Pascal Schmid wolle hingegen auf die Grenzkontrollen fokussieren. Der Bundesrat habe das Momentum verschlafen, dass in vielen Ländern wieder Grenzkontrollen eingeführt würden. «Wir fordern das schon lange, doch stets wurde gewarnt, Grenzkontrollen würden gegen Schengen verstossen. Da bin ich ja gespannt, wann Deutschland aus dem Schengenraum ausgeschlossen wird», so Schmid.