Im Juni 2023 wurde in Haute-Nendaz VS ein afghanischer Asylbewerber getötet. Nun zeigen die Ermittlungen, wie es gelang, das Opfer in die Falle zu locken. Der Afghane wollte sich vermeintlich mit einer Frau treffen, geriet stattdessen aber an seinen kaltblütigen Mörder.
Blutrache in der Schweiz: So hinterhältig wurde das Mordopfer von Haute-Nendaz in die Falle gelockt.
Ein Liebespaar sitzt hinter Gittern für einen mutmasslichen Blutrache-Mord im Walliser Alpen-Idyll. Ein 24-jähriger Afghane wurde im Sommer 2023 mit einem Messer getötet. Unter dringendem Tatverdacht: Ahmad L.* (25), ein Deutscher mit afghanischen Wurzeln und die Polin Katja K.* (25). Das Paar soll extra für den Mord von Deutschland in die Schweiz gereist sein. Jetzt zeigen neue Ermittlungsergebnisse: Der Ermordete soll selbst ein Mörder sein.
Während Katja K. in Sion VS in Untersuchungshaft sitzt, wird Ahmad L. im deutschen Braunschweig der Prozess gemacht. Dort wurden die beiden Anfang des Jahres festgenommen. Als polnische Staatsbürgerin wurde Katja K. später in die Schweiz abgeschoben, der Deutsche mit afghanischen Wurzeln muss sich für seine mutmasslichen Taten in Deutschland verantworten.
Gemäss Anklage begann die Schwester, das Opfer in den sozialen Medien zu suchen, um Rache zu nehmen. Nachdem sie ihn etwa im Mai 2023 im Asylheim in Haute-Nendaz ausfindig gemacht hatte, nahm sie zu ihm unter Vorgabe einer fremden Identität namens «Nilufar» Kontakt auf und begann eine Liebesbeziehung zu ihm aufzubauen. Die mörderische Falle war gestellt, wartete nur noch darauf zuzuschnappen.
Am 12. Juni beginnt die Umsetzung des teuflischen Plans. Ahmad L. und Katja K. fahren mit dem Auto der Frau von Braunschweig aus Richtung Schweiz. Zuvor hatte sich Ahmad L. ein Kampfmesser besorgt. In Haute-Nendaz angekommen, kundschaften die beiden die Gegend aus, wählen die abgelegene Swisscom-Antenne als Ort für den Mordanschlag. Dann schlägt wieder die Stunde der Schwester. Sie lockt das Opfer mit der Aussicht auf ein Treffen mit «Nilufar» an den Tatort.
Gegen 18.55 Uhr traf das Opfer bei der Swisscom-Antenne ein, in der Erwartung seine Geliebte zu treffen. Stattdessen trat Ahmad L. aus einem Versteck hervor und sprach das Opfer mit den Worten «Habibi, kannst du mir helfen?» an. Dabei hielt er ihm sein Handy entgegen und gab vor, Probleme mit dem Internetempfang zu haben. Das Opfer nahm daraufhin hilfsbereit das Handy des Angeklagten, um sich das vermeintliche Problem anzuschauen. Diese Ablenkung nutzte der Angeschuldigte aus, zog das in der Jacke verborgene Armeemesser hervor und rief auf Paschtu sinngemäss: «Weisst du, wer ich bin? Du hast meinen Vater getötet, du Bastard!» Dann stach L. dem Opfer in die Brust.
Direkt tot ist das Opfer aber nicht. Der junge Afghane schaffte es zu fliehen, lief einen kleinen Abhang hinab zu einem Parkplatz. Dort hatte Katja K. im Auto gewartet. Das Opfer brach stark blutend zusammen und fiel mit dem Gesicht nach unten auf den Boden, blieb regungslos liegen. Das Handy von Ahmad L. hatte es immer noch in der Hand und begrub das Gerät mit seinem Körper unter sich. Ahmad L. hatte Angst, dass jemand kommen könnte, deshalb liess er das Handy bei seinem Opfer. Im Glauben, dass der Afghane tot sei, flüchtete er und entsorgte seine blutverschmierte Jacke und das Messer in einem nahegelegenen Gebäude. Das Opfer wurde wenig später von einem Passanten gefunden, starb aber eine halbe Stunde nach dem Angriff noch vor Ort. Ab Mitte Juli muss sich Ahmad L. nun vor dem Landgericht Braunschweig für seine Taten verantworten. Es gilt die Unschuldsvermutung.