Kehrtwende in Bundesbern: Die Landesregierung möchte das von der Stimmbevölkerung beschlossene Neubauverbot für Atomkraftwerke kippen.
Der Bundesrat schlägt die Volksinitiative «Blackout stoppen» zur Ablehnung vor: Stattdessen unterbreitet die Landesregierung der Bevölkerung einen Gegenvorschlag.
Der Bundesrat schlägt die Volksinitiative «Blackout stoppen» zur Ablehnung vor. Die Landesregierung möchte das Neubauverbot für Kernkraftwerke stattdessen per Gesetzesänderung kippen, wie Energieminister Albert Rösti erklärt.
Die Volksinitiative «Blackout stoppen» verlangt unter anderem eine Aufhebung von Technologieverboten im Energiebereich – etwa für AKW. Der Bundesrat schlägt das Volksanliegen zur Ablehnung vor, möchte aber einen indirekten Gegenvorschlag erarbeiten.
Grundsätzlich teile die Landesregierung die Ansicht, dass die längerfristige Stromversorgungssicherheit mit dem Neubauverbot nicht vereinbar sei. Für eine Aufhebung des Technologieverbots sei die Volksinitiative allerdings nicht nötig: Der Bundesrat schlägt eine Gesetzesänderung vor.
Der Bundesrat teile die Auffassung der Initianten, dass Technologieoffenheit eine Voraussetzung darstelle, um den Strombedarf langfristig, klimaschonend, sicher und zuverlässig zu decken: «Wir müssen der inländischen Stromproduktion Sorge tragen und diese auch längerfristig sicherstellen.»
Die vorgeschlagenen Verfassungsänderungen seien dafür aber unnötig und kontraproduktiv, erklärt Rösti: «Es braucht keine Verfassungsänderung.» Entsprechend schlage die Landesregierung eine Aufhebung des Verbots per Gesetzesänderung vor – denn die Ausgangslage habe sich seit Beschluss des Atomausstiegs grundlegend verändert.
Damals habe die Bevölkerung noch nicht davon ausgehen müssen, dass ein kompletter Ausstieg aus fossilen Energielieferanten bevorstehe, so Rösti. Es sei angenommen worden, dass der fehlende Strom im Winter mit Gaskraftwerken produziert werden könne: «Heute ist diese Option mit dem Netto-Null-Ziel kaum denkbar.» Daneben sei die Bevölkerung durch die Massenzuwanderung deutlich schneller gewachsen, als angenommen, während geopolitische Spannungen die Lage auf dem Strommarkt massiv verschärft hätten. Schliesslich gehe auch der Bau von erneuerbaren Energieanlagen schleppend voran – was die Situation zusätzlich erschwere.
Ob und in welchem Ausmass sich der Bund dereinst an einem allfälligen AKW-Neubau beteiligen würde, lässt der Energieminister offen. «Konkrete Bauvorhaben müssten im Einzelfall beurteilt werden», so der Berner Oberländer. Fast schon sicher steht allerdings, dass die Bevölkerung in dieser Angelegenheit das letzte Wort haben wird: Im Parlament dürfte die Gesetzesänderung kaum an einem Referendum vorbeikommen, bereits wenige Minuten nach Publikation des Entscheids haben die Grünen Widerstand angekündigt.