Die Schweiz verzeichnete 2023 einen Rückgang des BIP pro Kopf um 0,4 Prozent, obwohl die wirtschaftliche Lage günstig war. Hauptgrund für den Rückgang ist das schnelle Bevölkerungswachstum.

Die Schweizer Bevölkerung wächst weiterhin. Dabei kam es zu einer Premiere: Noch nie zuvor hatten 9 Millionen Menschen gleichzeitig hierzulande gelebt.

Die Schweiz hat im vergangenen Jahr einen Rückgang des Bruttoinlandprodukts BIP pro Kopf verzeichnet, ein Phänomen, das bisher nur in Zeiten schwerer Krisen beobachtet wurde.

Die Bevölkerung des Landes wuchs 2023 um 1,7 Prozent auf 8,96 Millionen Menschen, während das reale BIP, bereinigt um die Inflation, im Gegenzug nur um 1,3 Prozent anstieg. Dies führte zu einem Rückgang des BIP pro Kopf um 0,4 Prozent, wie die «SonntagsZeitung» das Bundesamt für Statistik BfS zitiert. Einfach zusammengefasst: Die Zahl der Menschen wächst schneller als das BIP.

Mathias Binswanger, Professor für Volkswirtschaft an der Fachhochschule Olten, bezeichnet das BIP pro Kopf als den wesentlichen Indikator für den Wohlstand. Ein Rückgang bedeute, dass der durchschnittliche Wohlstand der Menschen in der Schweiz abgenommen habe.

In der Vergangenheit habe es ähnliche Entwicklungen nur in Krisenzeiten gegeben, wie während der Ölkrise der 1970er-Jahre, den Rezessionen der 1980er- und 1990er-Jahre, nach dem Platzen der Dotcom-Blase und in der Finanzkrise 2008. Der aktuelle Rückgang erfolgt jedoch in einer konjunkturell günstigen Phase. Das schnelle Bevölkerungswachstum, das durch einen hohen Wanderungssaldo von 139’000 Personen im Jahr 2023 befeuert wurde, wird als Hauptgrund für den Wohlstandsverlust angeführt.

Laut einer Studie der Universität Freiburg hat die Personenfreizügigkeit erheblich zum Anstieg der Immobilienpreise beigetragen. Jedes Prozent Zuwanderung habe die Neumieten um sieben Prozent erhöht. Während einige Experten betonen, dass qualifizierte Zuwanderung den Arbeitsmarkt belebt und die Einkommen erhöht, gibt es auch Stimmen wie Binswanger, die warnen, dass die Schweiz durch die starke Zuwanderung ihre eigenen Talente vernachlässigt. Die Diskussionen um eine mögliche Begrenzung der Zuwanderung dürften angesichts der aktuellen Datenlage also weiter an Intensität gewinnen.